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Juni 2024

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Leonora Carrington: Die Windsbraut - Bizarre Geschichten

Bizarr, geheimnisvoll, verstörend sind die zwischen 1938 und ca. 1980 entstandenen Geschichten, die in jeder Hinsicht Grenzen sprengen. Die zwischen Mensch und Tier oder Pflanze, zwischen Leben und Tod, zwischen den unterschiedlichsten Kulturen. Leonora Carrington, 1917-2011, galt lange als Muse der Surrealisten, erst im Lauf der Zeit wurde ihr eigenständiges, eigenwilliges malerisches und literarisches Werk entdeckt. Ihre Heldinnen sind rebellische Frauen, die sich der bestehenden Ordnung widersetzen, sich mit Tieren verbünden, das Animalische in sich selbst zulassen, erkennen, dass ein Mensch, der nur seinen Verstand pflegt, niemals ein vollständiger Mensch sein wird. Die Heldinnen sind in ständiger Bewegung, stellen Fragen, verschlingen, verwandeln sich. Ein starkes, vielfältiges Werk gibt es hier zu entdecken, eines, das die Schöpferkraft der Frau feiert.

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Simone Kucher: Die lichten Sommer

Zwei Frauen stehen im Mittelpunkt dieses Romans: die 1932 in Tschechien geborene Nevenka und ihre Tochter Liz, die 1950 in Deutschland zur Welt kam. Dazwischen liegt die Flucht aus Tschechien, das mühsame Leben in Baracken. Liz, die mit vierzehn anfängt, in einer Fabrik zu arbeiten, träumt davon, Sekretärin zu werden. Doch es kommt anders, sie heiratet sehr früh, bekommt rasch hintereinander drei Kinder. Und spürt immer deutlicher, dass sie immer noch der Flüchtling, die aus den Baracken ist. Noch in den 1970er Jahren ist sie keine Ansässige. Wie mit diesem "Klammergriff" der Vergangen-heit umgehen? Nevenka hat kaum etwas aus ihrem Leben erzählt, vielleicht wäre es einfacher, Liz wüsste, was ihre Mutter erlebt hat. So ist diese bewegende Geschichte aus einer bislang wenig beschriebenen Zeit auch eine Aufforderung, miteinander und nicht übereinander zu sprechen.

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Wolfgang Borchert (Text) & Roberta Bergmann (Illustrationen): Laternenträume - Gedichte

Roberta Bergmann hat die Texte des 1947 verstorbenen Dichters Wolfang Borchert für diesen Band ausgewählt und mit ihren zugleich kräftigen wie zarten Illustrationen weitererzählt.

Die Gedichte und Aphorismen sind melancholisch und lebenshungrig, sie begleiten die Illustratorin und Autorin seit ihrer Jugend - dies ist ihren Bildern anzusehen. Sie zeugen von einem tiefen Verständnis, fangen den Geist der Texte ein und drücken ihn bewegt und bewegend aus.

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Laura Leupi: 

Das Alphabet der sexualisierten Gewalt

Laura Leupi buchstabiert in mehr als einem Alphabet aus, wie sexualisierte Gewalt unsere Gesellschaft, unser Leben prägt. Ein erschütterndes Erlebnis, das einem Arbeitsstipendium unter dem Thema HOME voranging, ließ sie tief in das Thema eintauchen: ein `Zuhause´ ließ sich für sie nicht mehr ohne Gewalt denken. In ihrem extrem vielfältigen Text stellt sie ihr subjektives Erleben in einen weiten Kontext, um überhaupt davon sprechen zu können, aber auch, um die strukturelle Gewalt des Patriarchats und des Kapitalismus aufzuzeigen. Ihr Buch ist ein Plädoyer für die Überwindung der Binarität und für Empathie. Es ist eine persönliche, poetische, politische Spurensuche, dem der Glaube, dass Literatur alles verändern kann, eingeschrieben ist. 

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