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Zwischen den Jahren - Zwischen den Welten

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Rüdiger Saß: Sein letztes Lächeln

Kurze Geschichten ohne Aus-schmückungen, Figuren, die meist unsympathisch sind. Sprachspiele, Wortverdrehungen, kühl kalkulierte, knappe Enden. Die Geschichten erscheinen wie Negativbilder einer Welt, die Rüdiger Saß nicht erzählen möchte, weil Utopien nicht seine Sache sind? Weil ihm eine Welt ohne Diktatoren, Speichellecker, Gewalttäter aus Langeweile und so weiter völlig unrealistisch vorkommt? Weil er seine LeserInnen vor Bilder stellt mit der Aufforderung:

Schau hindurch, schau selbst? 

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Jaime Begazo: Die Zeugen

Der Ich-Erzähler und Alter Ego des Autors dieses Romans trifft sich mit dem Schriftsteller Borges kurz vor dessen Tod. Er fragt ihn nach einer Figur, die in der Erzählung "Emma Zunz", einer der berühmtesten des "Meisters", auftaucht. Aus der Beantwortung dieser Frage entwickelt sich ein Gespräch über Dichtung und Wahrheit, über den Realitätsgehalt der Fiktion, über die Poetik des Schreibens. Borges erzählt den Hintergrund der Erzählung, der Ich-Erzähler kommt aus dem Staunen nicht heraus - er wird Zeuge des poetischen Schaffens, so wie Borges selbst Zeuge der Tat war, die den Nukleus dieses Werkes der Möglichkeiten bildet. Sehr aufregend!

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Dezember 2020

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Olga Tokarczuk: Letzte Geschichten

"Letzte Geschichten", ein Roman in drei Teilen, erzählt von Mutter, Tochter und Enkelin. Er erzählt vom Sterben und damit vom Leben. Er erzählt von der Unendlich-keit, dem Körper, dem Sein in der Welt, poetisch und ohne Pathos.

Olga Tokarczuk spannt einen Bogen von der Flucht aus dem Osten am Ende des Krieges bis in unsere Gegenwart. Eine ihrer Heldinnen ist Reiseleiterin, deren Rolle beschreibt Tokarczuk so: "Sie ist Vermittlerin. Sie spricht im Namen von etwas Größerem, das viel verzweigt und kollektiv ist und eigentlich keine Grenzen hat" - diese Rolle könnte auch die der Dichterin sein. 

Ganz große Lesefreude!

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Tom Krausz (Fotografien), Texte von Elke Heidenreich & Urs Heinz Aerni: Aves - Vögel - Charakterköpfe

65 eindrucksvolle Vogelporträts in Schwarz-Weiß, die "Charakterköpfe" zeigen. Ergänzt werden die außer-gewöhnlichen Fotografien durch vielfältige Texte von Elke Heidenreich und Urs Heinz Aerni, die nicht nur auf die Besonderheiten der Tiere eingehen, sondern auch auf die Menschen, die mit ihnen zu tun haben. Die Tiere variieren von neugierig, skeptisch, zurückhaltend oder traurig, die Texte von lehrreich, nachdenklich, poetisch, bis ironisch und auch anekdotisch - und noch viel mehr. Kaum einmal kann man den flüchtigen Tieren so in aller Ruhe ins Gesicht, ins Auge schauen wie hier. Schon deshalb ist der opulente Bildband etwas ganz Besonderes. 

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Willi Wottreng: Jenische Reise

Die fast tausendjährige Anna berichtet von der Geschichte ihres Volkes der Jenischen. Zwischen Phantasie und Wirklichkeit angesiedelt, stets jedoch der Wahrhaftigkeit verpflichtet, erzählt der Dichter Willi Wottreng mit der Geschichte dieses Volkes auch die Geschichte Europas - aus der Perspek-tive der Armut und der Frau. Ein ganz außergewöhnlicher, wunderbar weiträumiger, verschiedene Zeitebenen fassender Text, "Eine große Erzählung",  die in jeder Hinsicht herausragend ist. Ganz ganz große Empfehlung!

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Tarjei Vesaas: Die Vögel

"Dussel" wird er genannt, selten gibt man ihm eine Arbeit, dem kindlich-naiven Mattis. Dieser lebt mit seiner Schwester in einem kleinen Haus zwischen Wald und See, in der norwegischen Einsamkeit. Doch Mattis beschäftigt sich sehr intensiv mit der Welt, meint, ein Vogelflug über seinem Haus verändere alles, deutet einen Blitzeinschlag in einen Baum als "Todesdrohung". Wer ist dieser Held, der so anders ist als alle anderen, der unablässig sucht, um Worte ringt? Für den Sprache und Wirklichkeit eines sind, für den eine Kleinigkeit die Welt verändert? Beeindruckend gut komponiert ist dieser Roman, poetisch und knapp zugleich, der Frage nach-spürend, wie die Welt aus Worten erschaffen wird, wo die Grenze des Sagbaren liegt - Tarjej Vesaas Roman ist ein Juwel!

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