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September 2016
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Paul McVeigh: Guter Junge
Mickey hat gerade die Elementary School hinter sich und träumt von einer besseren Zeit auf der St. Malachy´s - die neue Schule ist seine einzige Hoffnung, den Grausamkeiten seiner Klassenkameraden zu entkommen. Doch der Traum platzt, seine Eltern haben kein Geld für diese Schule. Neun Wochen Sommerferien verbleiben ihm, um sich mit diesem Gedanken anzufreunden, neun Wochen,
die er in seinem Stadtteil Ardoyne, Belfast, verbringt.
Der katholische Teil ist genau so arm wie die protestan-tischen Teile, in der Stadt regiert die Gewalt der Briten, der IRA und der Randalierer von beiden Seiten. Kein guter Ort für ein verträumtes, naiv-ehrliches und phantasievolles Kind, das nicht in die Kategorie "ein richtiger Junge" fällt.
Er möchte auch lieber ein guter Junge sein, um seine Mutter glücklich zu machen, die sehr unter dem saufenden Vater leidet. Mickey träumt unverdrossen von einem Leben in Amerika, er schmiedet Pläne, wie er gleichzeitig den Vater loswerden und dorthin gelangen könnte - und all das neben der ersten Liebe, dem Verlust seines geliebten Hundes und der alltäglichen Gewalt um ihn herum.
Ein sehr warmherziges Buch, das einen Kämpfer in den Mittelpunkt stellt: er kämpft für sein Leben, seine Zukunft, seine Träume.
Ein Haus mit vielen Zimmern
In Erzählungen, Gedichten und Essays erzählen Schriftstellerinnen von ihrem Schreiben. Hochinteressant ist, dass es kein Sachbuch ist, in dem den Fragen nach Themen oder Formen nachgegangen wird, sondern der Leser wird mit poetischen Texten in die Poesie eingeführt. Gemein ist den neunzehn Texten, dass sie von der Suche und dem Erfahrungs-Körper berichten - dies scheint ein großes Anliegen von Autorinnen zu sein. Spannend ist es, sich mit ihnen aufzumachen, ihrem Vor(an)gehen nachzufolgen.
Nona Fernandez:
Die Toten im trüben Wasser des Mapocho
Rucias und Indios Vater verschwand, als die beiden kleine Kinder waren. Die Mutter verließ am nächsten Tag Santiago de Chile und ging mit ihnen nach Europa. Viele Jahre später kommt die Mutter bei einem Autounfall ums Leben, Indio und Rucia überleben schwer verletzt. Wenig später erhält Rucia einen Anruf von Indio, der nach Chile zurückgekehrt ist, sie solle zu ihm kommen. Sie überquert den Atlantik, findet ihren Bruder aber nicht. Sie gerät ganz tief in ein Geflecht aus Erinnerungen, Träumen und Alpträumen, sie lernt Fausto, den Historiker der offiziellen Geschichte des Landes, kennen, begreift lange nicht, wer er ist. Sehr beeindruckend und hochinteressant schichtet Fernandez, eine der wichtigsten Autorinnen Südamerikas, ihren Roman, der viele Fragen stellt, wenige Antworten gibt. Die Protagonisten führen vor, wie schwierig es ist, festen Boden unter die Füße zu bekommen. Als radikal Entwurzelte bleibt ihnen nur die Liebe zueinander, doch auch die ist verboten.
Amy Novesky und Isabelle Arsenault: Lied für Louise
Leben und Entwicklung der Bildhauerin und Installations-künstlerin Louise Bourgeois werden in diesem wunderbaren Bildband, bei dem Text und Illustrationen aus einem Guss sind, in Szene gesetzt.
Vor allem ihrer Kindheit am Fluss und in der Textilwerkstatt ihrer Eltern wird viel Raum gegeben, waren diese doch der Boden, auf dem ihr ganzes Schaffen wuchs. Die Liebe zu ihrer Mutter, die Louise wie eine Zauberin erscheint, wird zur Antriebskraft der künstlerischen Auseinandersetzung. Einfühlsam und genau beschreiben und "bezeichnen" die Autorinnen die äußere und innere Entwicklung Louises.
Geeignet ist das Buch für Kinder ab acht, es empfiehlt sich, die jungen Leser bei der Lektüre zu begleiten, da Fragen auftauchen dürften und vielleicht auch der Wunsch entsteht, selbst zu Nadel, Faden, Stoff oder Draht zu greifen...