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Mai 2022
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Kenneth Moe: Rastlos
Der Ich-Erzähler wurde von seiner Freundin verlassen, der Roman ist ein langer Brief an sie. In vielen einzelnen Episoden erzählt er von seinen Träumen, Phantasien und Ängsten, macht sich aber auch Gedanken über Begriffe wie Integrität, Vernunft oder die Literatur. Er platziert Alltägliches und Profanes neben philosophische Reflexionen, er ist grundehrlich, offen, selbstkritisch und verfügt über eine ordentliche Portion Ironie. Das Debüt des 1987 geborenen Norwegers ist vielseitig und weiträumig, Alexander Sitzmann hat es gekonnt übersetzt.
Hédi Fried (Text) & Stina Wirsén (Illustration): Die Geschichte von Bodri
Die Geschichte Bodris, eines großen weichen Hundes, ist auch die Geschichte Hédis, Livias und ihrer Eltern, die von den Nationalsozialisten nach Auschwitz und Bergen-Belsen deportiert wurden. Das von Stina Wirsén ausdrucksstark illustrierte Buch ist eine behutsame Einführung in ein schwieriges Thema für Kinder ab acht Jahren, dabei sollten sie von Erwachsenen unterstützt werden. Hédi Fried erzählt ihre Geschichte ohne Anklage, aber sie wird Fragen aufwerfen. Denn für Hédi und Livia ist es gut ausgegangen, dafür sorgte auch die Kraft, die Bodri den Mädchen gab, aber für viele andere ging es das nicht. Die Erinnerung in Büchern zu bewahren mit wird dem Sterben der letzten Zeitzeugen immer wichtiger, dieses Bilderbuch ist eine wichtige Neuerscheinung.
Adania Shibli: Eine Nebensache
Am 13. August 1949 wird in der Negev-Wüste ein Beduinenmädchen von israelischen Soldaten vergewaltigt und ermordet. Jahrzehnte später liest eine Palästinenserin, deren Geburt exakt
25 Jahre nach diesem Ereignis stattfand, davon in einem Zeitungs-bericht. Sie macht sich auf von Ramallah in die Wüste, möchte etwas über das Mädchen herausfinden, die Geschichte aus deren Perspektive neu erzählen. Der unglaublich intensive Roman spiegelt die Vergangenheit in der Gegenwart, berichtet in scheinbar nüchternem Ton von Besatzung, Schikanen und dem geringen Wert eines palästinensischen Lebens in Israel, er gibt dem "Vorfall" von damals etwas grauenhaft Ewiges.
Otto Tausig: Kasperl, Kummerl, Jud -
Eine Lebensgeschichte, aufgezeichnet von Inge Fasan
Der Schauspieler und Regisseur, Dramatiker und Komiker Otto Tausig, 1922-2011, erzählt seine Lebensge-schichte, über die man immer wieder nur staunen kann. Reich an Tiefen, aus denen er sich mit unerschütterlichem Humor herausarbeitet, reich an Bemühen, durch Kunst und Bildung, durch Tat und auch Geldspenden die Welt besser zu machen, beeindruckt der Menschenfreund durch seinen Willen und seine Sprachkunst. Er erzählt unterhaltsam, lebendig, völlig uneitel und fesselnd, er ist im besten Sinne belehrend, ein Vorbild als Schauspieler und Mensch. Das Geschenk zum 100. Geburtstag des Mandelbaum Verlags an seinen Autor, die Neuauflage seines Buches, ist zudem mit Abbildungen angereichert, mit einem Vorwort versehen und, wie immer bei diesem Verlag, schön und hochwertig gestaltet.
Ganz ganz große Empfehlung!