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Mai 2015

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Natalia Ginzburg: Familienlexikon

Ginzburg erzählt die Geschichte ihrer Familie und die Italiens von den 1920ern bis in die 50er Jahre hinein. Im Haus der Levis verkehren Wissenschaftler, Ingenieure und sehr viele politische Aktivisten. Die Brüder Natalias sind im Widerstand aktiv, die Eltern verstecken Verfolgte. Das, was die Familie zusammenhält ist ihr "Familienwörterbuch": immer wieder erzählte Geschichten oder eingestreute Sätze, an denen sich die fünf Kinder nach Jahrzehnten wiedererkennen. Ein weit verzweigtes, facettenreiches und an vielen Stellen sehr amüsantes Portrait, erzählt aus den Erinnerungen der jüngsten Tochter, einer der wichtigsten Schriftstellerinnen Italiens. 

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Ernest van der Kwast:

Fünf Viertelstunden bis zum Meer

Ezio und Giovanna erleben vier verliebte Monate, dann wendet sich Giovanna ab. Ezio verlässt fluchtartig die Heimat, er kehrt nie zurück.

Nach sechzig Jahren bekommt er einen Brief von Giovanna, sie möchte ihn wiedersehen. Diese traurig-schöne Liebesgeschichte beschert dem Leser eine weitere modere Sirene. Und einen kleinen Einblick in das Leben eines Migranten im eigenen Land, denn Ezio floh von Lecce nach Bozen. 

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Hanns-Josef Ortheil:

Das Kind, das nicht fragte

Der Ethnologe Benjamin Merz reist für eine Studie nach Sizilien. Dort führt er seine Kunst des Fragens zur Vollendung, er genießt das Vertrauen der Menschen, die ihn einen "Magier des Fragens" nennen. Dies ist um so erstaunlicher, als Benjamin, der jüngste von fünf Brüdern, als Kind und Jugendlicher fast stumm war: er traute sich nicht zu fragen, nicht zu erzählen, zu groß war die Gefahr, sich vor den Brüdern zu blamieren. Nun, mit fast vierzig, entwickelt er sich zu einem eigenständigen Menschen, dessen Leben sich fügt. Der autobiographisch gefärbte Roman erzählt die Geschichte eines Lebens, das gelingt - beruflich und privat, denn Benjamin findet nicht nur sich selbst, sondern auch die Liebe. 

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Jens Steiner: 

Junger Mann mit unauffälliger Vergangenheit

Die Philosophiestudenten Paul und Magnus spielen einem Medienzar einen Streich. Kurz darauf wird dieser Zar entführt und Paul sieht völlig überrascht sich selbst zur Fahndung ausgeschrieben. Eine aberwitzige Flucht von Zürich nach Marseille, organisiert von der schönen Dolores, bringt manche Unannehmlichkeit für Paul. Seine Wege und Bewegungen, seine Überraschung, als er erkennt, was vor sich geht, sind Einübungen ins Leben. Der spannende Roman spielt die Frage durch: Was macht uns zu dem, was wir sind? Denn Paul wird am Ende zu genau dem, was man ihm unterschob, als  das noch absolut falsch war. Aber er füllt die Rolle dann doch auch wieder ganz anders aus...

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