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Februar 2022

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Gabrielle Alioth: Die Überlebenden

Die Briefe einer Tante an ihren im Ausland lebenden Mann aus den

1930er und 40er Jahren, ein in die USA verschwundener Cousin und die Erinnerungen an ihren Großvater nimmt die Autorin zum Ausgangs-punkt ihres Romans, in dem die Figuren "von der Realität befreit" eine Geschichte der Prägungen, der Schuld, des Schweigens erzählen. Kunstvoll webt Gabrielle Alioth die verschiedenen Zeitebenen ineinander, indem sie durch die Erinnerungen ihrer Protagonisten mäandert. Raupen mit ihrer Fähigkeit zur totalen Verwandlung sind ein Symbol, das dem Roman unterliegt - der jüngsten Enkelin des Familienpatriarchen scheint die Befreiung zu gelingen.

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Esther Kinsky: Rombo

Am 6. Mai 1976 erschütterte ein schweres Erdbeben den Nordosten Italiens. Diesem Beben, das "Leben und Landschaft in ein Vorher und ein Nachher" spaltete, spürt der Roman "Rombo" nach. Sieben Menschen nähern sich dem Geschehen an, konkretisieren ihre Erinnerungen im Lauf ihre Erzählens. Die Autorin geht außerdem auf Flora und Fauna, Geologie, Politik und gesellschaftliche Strukturen ein - der Roman ist ein Gang durch die Welt. Und ein unglaublich vielfältiges, auch sprachlich herausragendes Zeugnis der Erinnerungskultur.

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Banine: Kaukasische Tage

Die Schriftstellerin Banine erzählt von ihrer Kindheit und Jugend in Baku bis zu ihrem achtzehnten Lebensjahr.

Da ist sie bereits seit drei Jahren verheiratet, mit einem Mann, den sie nie wollte. Hier hat sich die Tradition durchgesetzt in einer ansonsten aufgeschlossenen und dem Fortschritt zugewandten Familie. Geboren 1905 fällt ihre Jugend in eine Zeit der politischen und gesellschaft-lichen Umbrüche, ihr Kampf um Emanzipation ist ein Aspekt der Lebenserinnerungen. Man lernt in diesem Buch aber nicht `nur´ Banine kennen, sondern auch eine turbulente Großfamilie und einen Teil der Geschichte eines Landes in besonderen Zeiten. Sie hat einen wunderbaren Humor, sie schreibt leichtfüßig und flüssig, die Lektüre ist ein großes Vergnügen.

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Susan Taubes:

Nach Amerika und zurück im Sarg

Die Heldin des Romans, Sophie Blind, geborene Landsmann, kommt 1928 als Tochter eines berühmten Psychoanaly-tikers und Enkelin eines berühmten Rabbis in Budapest zur Welt. Nach der Scheidung ihrer Eltern emigriert sie mit ihrem Vater 1939 in die USA, wo sie achtzehnjährig den Philosophen Ezra heiratet. Inmitten all der gewichtigen Männer sucht sie nach Eigenständigkeit, nach ihrem Ich. Der grandios komponierte Roman, der starke autobiografische Züge trägt, ist unglaublich vielfältig, er pendelt zwischen Amerika und dem alten Europa, zwischen der eigenen Ehe und der ihrer Eltern, zwischen verschiedenen Mentalitäten und der lebenslangen Suche nach Individualität. Der Roman erschien 1969 unter dem Titel "Divorcing", er ist auch die Geschichte einer Scheidung. Diese Zäsur ist für Sophie nötig, um ein neues Leben beginnen zu können. Sophie Blind erzählt ihr Leben rückblickend bis zu ihrer Kindheit - aus dem Blickwinkel einer Toten!

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