_____________________________________________________
Zwischen den Jahren
_____________________________________________________
Eliot Weinberger: Vogelgeister
Weinberger reist durch den
Welt-Raum: er folgt den Elementen, ganz konkret auf Fahrten über Flüsse oder dem Besuch von Inseln, er hört den Vögeln und den alten Schriften zu, er entdeckt Unbekanntes im Bekannten - wie ein Flugkünstler ist er zwischen Wolken und Höhlen unterwegs, immer den Gefahren der Natur ausgesetzt, immer auf der Suche nach Begegnungen. Eher Poesie als Essays sind die Texte, die Weinberger verfasst - erschafft - er nimmt die Realität ernst, fabel- und sagenhaft wirken jedoch seine Geschichten von Menschen, Gebräuchen, Träumen, Steinen oder Fröschen.
Sie üben einen starken Sog aus und sprechen alle Sinne an. Eine Schatzkammer.
_____________________________________________________
Dezember 2017
_____________________________________________________
Klaas Verplancke:
Magritte und sein Apfel
Der Künstler Verplancke nähert sich dem surrealistischen Maler Magritte, und begleitet ihn auf seinem Weg von den ersten Anfängen bis zur Meisterschaft.
Er erläutert bildlich, wie der Surrealist die Welt im Detail naturalistisch darstellt, die einzelnen Teile aber so zusammensetzt, dass eine neue Welt entsteht. Eine Welt, in der Unmögliches möglich wird, Alltägliches verfremdet und im neuen Kleid erscheint.
In der alte Seh- und Denkweisen aufgebrochen und hinterfragt werden. Verplancke verfügt über Sachverstand und Phantasie, er geht zart und zugleich ausdrucksstark vor,
er führt den Betrachter ein in eine Welt, in der andere Regeln gelten als in der "normalen". Diese war nach dem Ersten Weltkrieg aus den Angeln gehoben. Die Surrealisten wollten der alten Welt eine neue entgegensetzten.
Friedrich de la Motte Fouqué: Undine
Die Liebe schenkt der Wasserfee Undine eine Seele, und mit ihr Freud und Leid. Ihr Eintritt in die Welt der Menschen ist gezeichnet von dem großen Glück durch die Hochzeit mit dem Ritter Huldbrand, doch Undine muss erfahren, dass seine Liebe nicht unendlich ist - letzten Endes bleibt sie ihm fremd. Das tragische Ende der märchenhaften Liebesgeschichte lässt sich schon am
Anfang erahnen, denn der wackere Ritter mag sich mit Schwert und Lanze auskennen, den unzähmbaren Kräften der Natur ist er nicht gewachsen.
Illustriert wurde diese Ausgabe von Renate Wacker mit kraftvollen Bildern in Schwarz und Weiß, unterlegt oder umspült von blaugrüner Aquarellfarbe. Die Bilder fangen die Geschichte ein und geben ihr ein ausdrucksstarkes Antlitz.
Elizabeth David:
Die französische Küche
Dieses Buch steht auf Platz ZWEI der fünfzig wichtigsten Kochbücher aller Zeiten. Erschienen ist es 1960 als eine Reaktion auf das schlechte Essen und die Trostlosigkeit der Nachkriegszeit
in England. Und natürlich aus Leiden-schaft für die französische Küche, die auch aus einfachen Zutaten köstliche Gerichte kreiert. Davids Buch ist jedoch weitaus mehr als eine Sammlung von Hunderten Rezepten. Es ist eine Geschichte der (Ess)Kultur, regionaler Besonderheiten und
es ist Literatur: sie erzählt so viele Geschichten von Menschen, Landschaften, Ereignissen und Begebenheiten,
in einer so anregenden Art, auf eine so unnachahmliche Weise, dass sie eine eigenständige Stimme der Literatur genannt werden kann.
Alan Bennett geht ins Museum
Der Dramatiker, Essayist, Romanautor und Bilderstürmer Bennett geht ins Museum. Dort betrachtet er Bilder und Besucher, macht sich sehr frei seine Gedanken zur Ikonographie, zu den Malern (auch die großen Autoritäten entgehen seinen offenen Augen und Kommentaren nicht),
er spricht von Diebstahlphantasien und englischen Gewohnheiten, und er wird nicht müde zu betonen, dass Kunst Normalität und Teil des Lebens ist.
Und bleiben soll. Und darum muss sie frei zugänglich sein. Dieser politische Aspekt gibt seinen sieben Essays jedoch keine pädagogische Note - Bennetts Stil der komischen Ernsthaftigkeit ist unglaublich charmant und gewinnend. Man geht gerne mit ihm ins Museum und man geht nach
der Lektüre dieses Buches anders ins Museum - beschwingt und befreit.
Karl Friedrich Borée: Frühling 45 -
Chronik einer Berliner Familie
Borée porträtiert durch die Augen seines Protagonisten und Ich-Erzählers Stein
die Zeit von Februar-August 1945.
Die Familie Stein konnte Charlottenburg verlassen, weil sie in Föhren, am Stadtrand gelegen, ein Haus zugewiesen bekam.
Dort erleben Stein, seine Frau und seine Tochter das Kriegsende und die Übergangszeit mit all ihren Schrecken und Hoffnungen. Hunger und Gewalt, aber auch unverhoffte Menschlichkeit prägen die Zeit. Lügen und Gerüchte wechseln sich ab mit wunderbaren Neuigkeiten, wichtig ist, dass das "Tor der Hoffnung" wieder offen steht.
Borée liefert eine große Fülle an Informationen, er hat eine unmissverständliche Haltung, er ist ein grandioser Beobachter und porträtiert in seinem auf Tagebuch-aufzeichnungen beruhenden Roman verschiedene Menschen und ihr jeweiliger Umgang mit der Katastrophe sowie die Verwerfungen, die eine Zeitenwende mit sich bringt.