Sinha, Shumona

Shumona Sinha: Kalkutta

Trisha kehrt anlässlich der Einäscherung ihres Vaters in ihre Heimatstadt Kalkutta zurück. Vor vielen Jahren verließ sie diese, um in Paris zu leben. Mit der Rückkehr in

das Elternhaus und der Berührung vieler Gegenstände kommen die Erinnerungen zurück. Sie erzählt von den Eltern und der Großmutter, geht bis zur Urgroßmutter zurück, deren Leben wie ein Stück mystische Urgeschichte erscheint. Sie berichtet aber auch ausführlich von der politischen Entwicklung Indiens bzw Westbengalens seit den 1970er Jahren.  Sehr eindrucksvoll verflicht die Autorin die feinen Fäden menschlicher Beziehungen mit den kollektiven Geschehnissen eines Landes. Sie reflektiert die "Macht der Worte", denen der "Brunnen aus Schweigen" gegenübersteht. Mit ihrer Geschichte öffnet sie eine Tür in ein fremdes Land -

und versucht dem Schweigen (der Mutter) zu entkommen.

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Shumona Sinha: Erschlagt die Armen!

Eine Dolmetscherin der französischen Asylbehörde schlägt in der Metro einem unbekannten Mann eine Weinflasche auf den Kopf. Er hatte sie beleidigt und angegriffen, vor allem aber ist er einer aus jener Masse von Menschen, deren Geschichten sie sich Tag für Tag anhören muss und von denen sie weiß, dass sie erfunden sind. Aus dem einzigen Grund, die Entscheider der Behörde zu überzeugen. Der einem Gedicht von Baudelaire entlehnte Titel ist nicht etwa die Aufforderung, alle Armen totzuschlagen, sondern sich zu überlegen, in welche Mühle das geltende Recht alle stürzt, die mit ihm zu tun haben.

Sinha war selbst Dolmetscherin, sie verlor nach Erscheinen dieses Buches ihren Arbeitsplatz bei der Behörde.

Sie hat aber keine Anklageschrift verfasst, sondern einen sprachmächtigen, bilderreichen Roman, sehr durchdacht und hochpolitisch - und sehr menschlich in der Frage:

Wie weit kann ich gehen?

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