Franziska Walther - Hoch hinaus
Die Idee zu diesem Bilderbuch entstand, als sich ein Elch in ein Dresdner Bürogebäude verirrte.
Ja, das ist tatsächlich passiert.
Nach einer Verfolgungsjagd strandete das Tier zwischen der Eingangshalle und der Kantine. Dort ging es nicht weiter.
Aber wie kam der Elch überhaupt in die Stadt?
Franziska Walther hat ihn Erasmus genannt. Er lebt dort,
wo er hingehört, in einem Wald, der jedoch nicht ganz typisch nordisch ist. In ihm wächst etwas, das aussieht wie Kaktusfrüchte - sie gemahnen daran, dass die Welt nicht nur aus Fichten besteht.
Erasmus blickt mit Augen, in denen sich die Vögel spiegeln,
in den Himmel und er beschließt, auf Reisen zu gehen.
So fängt die Geschichte, die auf Worte verzichtet, an.
Erasmus überwindet Berge, er wandert durch die Nacht, begleitet von einem riesigen Mond und den beiden Vögeln,
er muss Seen oder sogar das Meer durchschwimmen und trifft bald auf die ersten Häuser am Waldrand. Frohen Mutes betritt er die Siedlung, die sich zur Stadt entwickelt.
Er ist mutig und neugierig, besucht ein Kaufhaus, in dem er Hüte aufprobiert, treppauf, treppab geht und vom Dach in die Weite und die Tiefe schaut. Gut, dass er am Himmel seine Begleiter, die Vögel, sieht, sonst fühlte er sich vielleicht doch etwas verloren.
Schwierig wird es, als die Tür, die zur Dachterrasse führt, zuklappt. Wie kommt er jetzt wieder runter?
In dieser ausweglos erscheinenden Situation fängt Erasmus an zu träumen.
Er träumt von Ballons, die sich Stück für Stück zu Flügeln umformen.
Mit purer Willenskraft schafft er es, diese Flügel aus seinem Rücken wachsen zu lassen.
In einem wunderbar poetischen Schlussbild hebt er ab und entschwindet in den Himmel, begleitet von seinen beiden Freunden und ganz viel Hellblau und Rosa.
Die Bilder füllen ganze Doppelseiten oder sind in vier Sequenzen pro Doppelseite unterteilt. Auf manchen sind gleich mehrere Erasmus-Figuren zu sehen, das zeigt die Dynamik der Bewegung. Seine Knopfaugen in Verbindung mit seinem feinen Lächeln sprechen Bände - die Bilder sind keineswegs überfrachtet mit Informationen und Details,
aber sie erzählen all das, was in einem Wesen vor sich geht, das sich in die Welt gewagt und dort verirrt hat.
Und das all seinen Mut zusammen nimmt und mit diesem und einer gehörigen Portion Phantasie die Schwerkraft überwindet.
Das Bilderbuch ist eine wunderbare Vorlage für Menschen, die gerne selbst Geschichten erzählen und ausschmücken.
Die zusammen mit anderen eine Geschichte entwickeln, denn warum sollte nur einer sprechen, ein anderer nur zuhören?
Kinder werden die bunten Bilder und den freundlichen Elch lieben, ganz sicher werden sie nachfühlen können, was er empfindet. Und vielleicht erzählen, wie das war, das erste Mal auf dem Einmeterbrett, oder sogar auf dem Dreimeter-brett. Oder fragen, wie viele Ballons es bräuchte, um einen Elch fliegen zu lassen....
Hier werden sich Türen öffnen und die Gespräche irgendwohin tragen, hoch hinaus.
Franziska Walther: Hoch hinaus
Kunstanstifter Verlag, 2017, 40 Seiten