Friedrich de la Motte Fouqué - Undine

Illustriert von Renate Wacker

Seit 1811 geistert, schillert und glitzert die berühmte Wasserfee durch die Literatur. De la Motte Fouqués Märchen, ein Meisterwerk der Romantik, hat viele Werke inspiriert, die ebenfalls heute noch bekannt sind.

Andersens Die kleine Meerjungfrau, Oscar Wildes Der Fischer und seine Seele oder Ingeborg Bachmanns Undine sind die berühmtesten.

 

Wer ist dieses Mädchen, das nie seine Faszination verloren hat?

 

Zuerst lernt der Leser ihre Pflegeeltern kennen.

Es sind einfache und liebe Fischersleute, die auf einer einsamen Landzunge, gebettet zwischen Wasser und einem geheimnisvollen, unheimlichen Wald, leben.

Alt sind sie geworden und nicht selten leiden sie unter der Flatterhaftigkeit der nun achtzehnjährigen Undine.

Sie ist manchmal frech, liebt es zu scherzen, übertreibt es hin und wieder. Aber man kann ihr nicht böse sein, gar zu anmutig ist sie, und sie meint es auch nie böse.

 

Das leibliche Kind der lieben Leute ist im Alter von drei Jahren ins Wasser gefallen, nie wieder ist es aufgetaucht.

Als kurz darauf Undine, ebenfalls so um die drei, quasi ins Haus gespült wird, nehmen sie es dankbar bei sich auf.

 

Eines Tages taucht ein schöner junger Ritter bei den Fischern auf, er wurde von einer jungen Dame in den Wald geschickt, er solle ihr Nachricht bringen, wie es aussieht im

"berüchtigten Forste." Um seinen Mut zu beweisen macht er sich auf den Weg, er hat großes Interesse an ihr.

 

Der Wald bereitet ihm großen Schrecken, froh ist er, im

Haus des Fischers Unterschlupf zu finden. Zumal sich eine mächtige Flut in den Wald ergießt, der die Landzunge zur Insel macht.

 

Um es ganz stark abzukürzen: Huldbrand verliebt sich in Undine, sie sich in ihn und bald wird Hochzeit gefeiert.

Für Undine ist die Hochzeit ein Schritt in eine andere Welt. Nun, da sie von einem Mann geliebt wird, hat sie eine Seele bekommen. Nun ist sie im Stande, selbst Liebe und Empathie, aber auch Leid und Unglück zu fühlen.

Damit tritt sie ein in die menschliche Welt, diese Welt dringt aber auch ein in sie, im Guten wie im Schlechten.

 

Das junge Paar verlässt die Fischersleute und zieht in die Stadt. Dort kommt es an den Hof, an dem Bertalda (jenes Fräulein, das Huldbrand in den Wald schickte) bei ihren Pflegeeltern lebt. Die jungen Frauen freunden sich an, alles scheint in schönster Ordnung. Die Eifersucht nagt nicht

allzu sehr an Bertalda, auch sie erliegt Undines Zauber.

 

Als Bertalda von Undine erfährt, dass die alten Fischersleute ihre leiblichen Eltern sind, kehrt sich alles um.

Bertalda verkraftet diese Neuigkeit nicht, sie fühlt sich degradiert, stößt alle vor den Kopf und benimmt sich, als hätte sie keine Seele.

Doch die Wogen glätten sich wieder. Huldbrand, Undine und Bertalda reisen zusammen zur Burg Ringstetten, dem Stammsitz Huldbrands. Dort wendet sich Huldbrand aber zunehmend von Undine ab und Bertalda zu - seine Frau bleibt ihm letzten Endes fremd, sie  ist von einer anderen Art.

 

Auf einer Donaufahrt fällt Undine ins Wasser, weil sie ein Armband Bertalds retten wollte. Sie verschwindet in den Fluten und taucht nicht mehr auf.

Grund dafür ist Huldbrand, der ihr seine Liebe entzogen hat.

 

Doch weiterhin hält Undine ihre Hände schützend über Huldbrand, stets hält sie ihren Oheim Kühleborn in Schach, der seine Nichte verteidigen möchte.

 

Als Huldbrand Bertalda ehelichen will, was bedeutet, dass er Undine untreu wird, verlangt Kühleborn von Undine, sie solle Huldbrand töten. So ist es Sitte bei den Wassergeistern.

 

Bertaldas Eitelkeit entfesselt schließlich das Unglück.

Sie lässt einen Brunnen öffnen, den Undine verschloss, 

ihm entsteigt eine weißgekleidete Gestalt, die sich in das Schlafgemach Huldbrands begibt.

 

Am Ende sind es zwei Flussarme, die sich um das Grab Huldbrands legen, dort, wo die Gestalt bei seiner Beerdigung niederkniete, quillt ein "silberhelles Brünnlein aus dem Rasen."

 

Die Mystifizierung der Natur, das Hineinsehen in eine Anders-Welt, in die Welt hinter dem Offensichtlichen, 

das Dunkle, das das Helle bedingt, das Spiel mit dem Schillernden und Uneindeutigen, das Geheimnisvolle des Waldes mit seinen Geräuschen oder des Wassers mit seiner Wildheit, beide undurchdringlich und unbezähmbar - das alles gepaart mit der Sehnsucht nach Liebe, Klarheit, dem Guten und Schönen und der Erkenntnis, dass es das Reine nicht gibt - dies sind die Merkmale des romantischen Märchens, die allesamt wunderbar in Undine vereint sind.

 

Das Besondere an dieser Ausgabe sind die Illustrationen von Renate Wacker. Sie hat sich auf die Farben Schwarz, Weiß und Blaugrün beschränkt. Die Figuren, die Bäume oder ein prächtiger Falter (alles Konkrete) sind mit Bleistift gezeichnet. Sie wirken ganz unmittelbar und direkt, springen ins Auge, sind stark und lösen sofort eine Reaktion aus. Über allen Zeichnungen liegt die blaugrüne Aquarell-farbe, die jedes Bild unterlegt, begleitet, umspült.

So kreiert sie eine etwas wehmütige Stimmung, die die gewaltige Kraft der Natur betont. Und darauf verweist, dass das tragische Ende schon dem Anfang eingeschrieben ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich de la Motte Fouqué: Undine

Illustriert von Renate Wacker

Edition Büchergilde, 2017, 144 Seiten mit 27 Illustrationen