Leonora Leitl (Text & Illustration) - Kaiserschmarrn
Mein genialer Sommer mit Ziege
"Der Waldmensch ist ganz plötzlich aus dem Gebüsch hinter unserem Haus geschossen. Er war sehr, sehr rot und hat komisch geraucht. Er fuchtelte wie ein Irrer mit den Armen und schrie: "Weg da, verflixter Mistbube, elendiger!" Ich hab große Angst bekommen und bin davon gerannt. ... Ist das das Landleben, von dem Papa immer so geschwärmt hat? Gehört dazu auch, dass ein Waldmensch im Dickicht hinterm Haus lebt? Womöglich hatte er seit Ewigkeiten keinen Kontakt zur Außenwelt?"
Der erschreckte "Mistbube" ist der neunjährige Arthur, der mit seiner Familie seit kurzem auf dem Land lebt. Sein Vater, ein Architekt, hat ein modernes "Schachtelhaus" entworfen, es steht direkt am Waldrand, aber, wie es scheint, trügt die Idylle. Zwar liebt es Arthur, draußen zu spielen - ganz im Gegensatz zu seinem fünfzehnjährigen Bruder Ossi, der sich komplett in seinem Zimmer vergraben hat - aber der nur mit einem Lendenschurz bekleidete Waldmensch lässt dann doch kurz Panik aufkommen. Dagegen hilft nur "Notschokolade"!
Der Roman für Kinder ab 8 Jahren ist aus der Perspektive Arthurs erzählt. Er berichtet von seiner Familie, zu der auch die Haushälterin Frau Erni gehört, die Mutter ist Zahnärztin und viel beschäftigt. Mit seinen Streifzügen durch den Wald, seiner Abneigung gegen Grünkernauflauf, seiner Vorstellung, wie Robin Hood nicht zur Schulde gehen zu müssen, führt er ein ganz normales Leben, bis er im Wald eine Hütte entdeckt, in der er es sich bequem macht. Aber:
"Wumms! Da wurde ich angesprungen und lag keuchend auf dem Boden, niedergestreckt von einem Mädchen!"
Dieses forsche Mädchen ist Fanny, zusammen mit Freddy, ihrem kleinen Bruder, die Besitzerin der Hütte.
Wie sich herausstellt, wohnen die beiden am anderen Ende des Waldes und der erschreckende Waldmensch ist ihr Vater!
Dass er Schamane ist, Menschen wieder in Kontakt mit dem Universum bringt, ein drittes Auge und ein Krafttier hat und sein Inneres in der Schwitzhütte reinigt, ist zunächst sehr erstaunlich für Arthur, doch als die Ziege Seppi der Familie Freudenthaler nach dem Genuss eines Säckchens Blüten plötzlich zu sprechen anfängt, stellt selbst die Sonderlich-keiten des Schamanen in den Schatten.
Und wie der Seppi plötzlich spricht:
"Nenne er mich nie wieder bei diesem unwürdigen Namen! Ich heiße Cäsar Napoleon Alexander der Größere! Ich bin Kaiser und ich wünsche jetzt zu dinieren!"
Diesen anspruchsvollen Kaiser unterzubringen und zu ver-sorgen wird keine einfache Aufgabe.
Dass dann noch die beiden Väter der Kinder aneinander geraten, macht das Leben auch nicht unkomplizierter.
Aber Freddy, das sechsjährige "Superhirn", der nebenbei Hobbyarchäologe ist und den ganzen Wald schon auf der Suche nach Schätzen durchlöchert hat, hat die rettende Idee.
Bei der Präsentation einer von ihm gefundenen "Sensation", die ein lustiges Gartenfest wird, versöhnen sich sämtliche Streithähne, die Schmetterlinge der Verliebten flattern umher - und nicht nur die, sondern auch der Kaiser beliebt durch die Luft anzureisen!
Tempo, unerwartete Wendungen, Phantasie, der feste Glaube, dass sich jedes Problem lösen lässt, man muss nur miteinander reden!, die Freude am Fabulieren, ein schöner Mix aus Alltag und modernem Märchen und nicht zuletzt die fröhlichen, bunten Bilder, ebenfalls aus der Feder Leonora Leitls, machen den Roman zu einer kurzweiligen und vergnüglichen Lektüre, an der Kinder und Erwachsene ihren Spaß haben.
Leonora Leitl: Kaiserschmarrn -
Mein genialer Sommer mit Ziege
Kunstanstifter Verlag, 2022, 208 Seiten, durchgehend farbig illustriert, für Leserinnen und Leser ab acht Jahren