Alexandra von Arx - Im Buchstabenmeer

In Zürich und Armenien spielt dieser Roman, der von der 34jährigen Natascha erzählt.

Sie ist auf der Suche nach sich selbst, nach dem ihr gemäßen Leben, einer Aufgabe, die sie erfüllt. Juristin ist sie, arbeitet aber als freiberufliche Übersetzerin und Reiseleiterin.

Mit dem Maler Jan verbindet sie eine komplizierte on-off- Beziehung. In einer guten Phase ziehen sie sich magnetisch an, in einer schlechten erreichen sie sich nicht mehr.

Doch auch wenn sie sich im off befinden, ist Natascha das bevorzugte Modell für Jan. 

In sein neuestes Bild von ihr arbeitet er einen Zettel ein,

den sie bei einem Spaziergang über den Züricher Friedhof gefunden hat. "PUNK´S NOT DEAD, Punk forever".

"Der Zettel enthält eine Botschaft. Für dich", meint er.

Hat er wieder seine esoterische Phase?

Nachdem Natascha einen Übersetzungsauftrag fertiggestellt hat, bricht sie zu einer einwöchigen Reise nach Armenien auf. Diese Reise ist der zweite Erzählstrang, er zeigt eine andere Natascha. Sie ist für die Gruppe und deren Wohl-ergehen verantwortlich. Sie nimmt diesen Job sehr ernst,

ist bestens vorbereitet, war schon mehrfach in diesem Land, spricht fließend Russisch.

Der Kontrast Zürich-Armenien könnte nicht größer sein.

Auch nicht der zwischen Jan und Paul, einem Reiseteil-nehmer, den sie zunehmend anziehend findet.

Er ist Wirtschaftsanwalt, versteht nicht, warum sie mit abgeschlossenem Jurastudium in diesem Studentenjob hängen geblieben ist. Doch er schätzt ihre Arbeit und trägt mit seinen Fragen dazu bei, dass Natascha ins Grübeln kommt: Was will sie wirklich vom Leben? Und mit wem möchte sie es verbringen?

Hier kommt wieder das Porträt ins Spiel, in das Jan die Buch-staben des Zettels eingefügt hat. Sie wirbeln um Natascha herum, tauchen sie in ein Meer aus Buchstaben.

Natascha fängt an, aus Reisenotizen Ideen zu entwickeln,

sie zusammenzufügen, ihnen eine Richtung zu geben.

Parallel dazu nimmt auch ihr Leben plötzlich eine Wende, eine nicht unerwartete, aber doch überraschende.

Ihr wird klar, "dass sie eine Geschichte erfinden will, dass

sie dabei einen Teil ihrer Notizen verwerten, jedoch das Beobachtete und Erlebte mit Fingiertem mischen will.

Dass sie ihre eigene Geschichte anhand einer erfundenen Geschichte erzählen will."

Alexandra von Arx, geboren 1972, ist, wie ihre Heldin, Juristin und Übersetzerin. Sie schreibt in einem ruhigen Ton, eher schlicht als überzuckert. Doch sie fängt sowohl die Stimmungen Nataschas, als auch die Jans oder der Reise-teilnehmer sehr gut ein. Dass ihr Herz den armenischen Freunden gehört, wird in jedem Satz deutlich, sie fühlt sich von den Menschen und ihrer Lebensweise angezogen.

Mit den so unterschiedlichen Charakteren des Malers und des Anwalts steckt von Arx die äußersten Punkte ab, zwischen denen Natascha schwankt. Lebensnah und nachvollziehbar beschreibt sie die Entwicklung Nataschas und lässt die LeserInnen daran teilhaben.

Der Roman liest sich leicht, durch die Ortswechsel und die Verschränkung der Erzählstränge ist er jedoch keineswegs langweilig, im Gegenteil. Er nimmt einen ein, für die Heldin und für das schöne Land im Kaukasus.

Alexandra von Arx: Im Buchstabenmeer

Knapp Verlag, 2021, 160 Seiten