Jonathan Drori (Text) und Lucille Clerc (Illustrationen) - In 80 Pflanzen um die Welt

Dieses Buch in den Händen zu halten ist Freude pur.

Die Texte sind informativ, essayistisch, anekdotisch, verständlich und umfassend. Die Illustrationen sind fein komponiert, zeigen die Pflanzen in ihrer natürlichen Umgebung, häufig angereichert durch kulturelle Attribute. Das Buch versorgt den Intellekt, bereitet ästhetischen Genuss, es stillt das Fernweh, entfacht und nährt die Liebe zur Natur und es ergänzt den vor drei Jahren erschienenen Band 

"In 80 Bäumen um die Welt" - darüber dürften sich dessen Fans sehr freuen.

 

Jonathan Drori, ein Tausendsassa in Sachen Botanik - Leiter und Kurator diverser Projekte und Institutionen, Produzent von naturwissenschaftlichen Dokumentarfilmen und Autor - bricht von seinem Wohnort London in Richtung Osten auf. Einmal um die Welt, nicht in 80 Tagen, sondern in 80 Pflanzen.

 

Er reist von Nord- nach Südeuropa, über den Mittelmeer-raum in den Nahen Osten, über Afrika, Asien und Ozeanien nach Amerika. 

 

Dabei wählt er für die Region typische Pflanzen aus, wobei sich typisch nicht unbedingt an der Häufigkeit des Vor-kommens oder sonstiger botanischer Merkmale festmacht, Drori denkt immer in kulturellen Zusammenhängen.

So wählt er z. B. für England die Brennessel, die dort wirklich überall wächst, für Deutschland den Hopfen. Die in Italien gedeihende Alraune ist weniger in biologischer Hinsicht außergewöhnlich, als vielmehr in geistesgeschichtlicher, während die Kartoffel für Peru eine umfassende Bedeutung hat. 

 

Jonathan Drori beschreibt immer zuerst das Aussehen der Pflanze, sehr farben- und formenreich, sehr plastisch und duftend. Er geht auf ihre Vermehrung und Verbreitung ein, auf die Tricks, die Pflanzen entwickeln, um bestäubt zu werden oder ihre oft unglaublichen Methoden, mit denen sie sich gegen andere Gewächse durchsetzen.

 

Ebenso ausführlich und sehr interessant erzählt Drori sodann von der Bedeutung der jeweiligen Pflanze für die Menschen. Sei es als Nahrung, Gewürz, Baustoff oder Quelle für Farbstoffe und Drogen. Er weist auf  ihre Jahrtausende alte Bedeutung in der Medizin  und Religion hin und andere Aspekte mehr - anhand von Pflanzen lässt sich die Kultur-geschichte von Regionen oder Kontinenten beleuchten.

 

Voller Überraschungen wie die Welt der Pflanzen selbst, sind kleine Geschichten, die Jonathan Drori in seine Beschreibun-gen einbaut.

Wussten Sie, dass persische Könige giftige Honigwaben als Kampfmittel gegen römische Soldaten einsetzten?

Dass die Wurzeln des Australischen Teebaums Telefonkabel durchtrennen können?

Dass der Palmwein einen eigenen Musikstil kreiert hat?

 

Diese Beigaben machen aus einem Buch über Botanik ein leidenschaftliches Werk, das voller Neugier Fakten und Wunder verbindet, Wissenschaft auf fröhliche Art betreibt. 

In der Zusammenarbeit mit Lucille Clerc, der Illustratorin, entstand so ein Gesamtkunstwerk, das nur gelobt werden kann. 

 

Nicht zu vergessen ist natürlich das Anliegen des Autors,

auf die Dringlichkeit des Umwelt- und Artenschutzes hinzuweisen. Er tut dies nicht mit erhobenem Zeigefinger,

er weckt Respekt und Faszination vor all dem, was wächst. 

 

Man wird nach der Lektüre dieses Buches den Löwenzahn mit anderen Augen sehen, neues über Tomate und Kartoffel gelernt und jede Menge Kuriositäten erfahren haben. 

Das Buch bietet wahrlich einen Blick über den Tellerrand hinaus.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jonathan Drori (Text) und Lucille Clerc (Illustrationen):

In 80 Pflanzen um die Welt

Aus dem Englischen von Bettina Eschenhagen

Laurence King Verlag, 2021, 216 Seiten, 150 Illustrationen

(Originalausgabe 2021)