Reginald Arkell - Pinnegars Garten

 

 

Ein Buch, das den Gartenliebhaber mit dem ausklingenden Sommer versöhnt. Das den Leser mitnimmt in die englische Gartenkultur und den Obergärtner

Mr. Pinnegar in den Mittelpunkt stellt, also dorthin, wo sich nie gerne aufhielt.

 

Herbert Pinnegar wird - wie der Autor selbst - im Jahr 1872 geboren. Als Säugling auf der Schwelle seiner Pflegemutter ausgesetzt, wächst er mit den sechs Kindern seiner neuen Familie auf. Schon früh lernt er seinen Platz in der gesellschaftlichen Hierarchie kennen: naturgemäß ist dieser ganz unten.

 

Von ihm wird erwartet, dass er wie alle Buben nach der Schulzeit Knecht auf einem Bauernhof wird. Das hat er überhaupt nicht vor, denn seine Lehrerin Mrs. Brain, eine einsame Seele wie Herbert selbst, hat in ihm die Leidenschaft für die Welt der Blumen geweckt. Er möchte Gärnter werden.

 

Diese Chance gibt ihm die bezaubernde junge

Mrs. Charteris, die ihn vor dem Bauernhof rettet und ihn als Gärtnergehilfen anstellt. Fortan steht er unter dem strengen Regime des konservativen Obergärtners Mr. Addis.

Von ihm lernt er, dass "Gärtnern die härteste Arbeit der Welt ist", von Mrs. Charteris lernt er die lateinischen Bezeichnungen der Pflanzen. Mit diesem Rüstzeug und einem unbeugsamen Willen ausgestattet, schafft es Pinnegar, sich hochzuarbeiten. Als Mr. Addis in den Ruhestand geht, übernimmt Pinnegar seine Stelle.

 

Er ist nun der heimliche Herr des Gartens. Denn er lernt bald, dass die Herren des Landhauses auch die des Gartens sind, doch die Obergärtner sind diejenigen, die die Eigentümer davon überzeugen müssen, den Garten so zu gestalten, wie der Gärtner es will. Und dies so geschickt, dass der Eigentümer meint, die Ideen seien von ihm selbst.

 

Pinnegar, der den Spitznamen Old Herbaceous erhält, ist ein Landmann mit natürlicher Würde. Er kennt die Stufen des englischen Klassensystems und weiß, wo die seine ist und akzeptiert, dass er niemals darüber hinaus kommen wird. Dafür fehlt ihm die richtige Herkunft. Aber er hat ein unschlagbares Fachwissen, das ihn auch in diverse Kommissionen bringt und mit seiner Ironie schafft er es doch, sich großen Respekt zu erwerben und letzten Endes seinen Willen zu bekommen.

 

So gelingt es ihm, beide Weltkriege zu überstehen und von seinem Garten so viel wie möglich zu retten (was ein großes Stück Arbeit ist, denn wer will Blumen, wenn Gemüse gebraucht wird? Wer soll arbeiten, wenn alle jungen Männer im Krieg sind?). Doch nach dem Auszug der alten aber immer noch bezaubernden Mrs. Charteris beginnt unwiderruflich die neue Zeit, nicht nur in Pinnegars Garten. Ein Verwalter rückt ihm auf den Pelz, wie gut, dass da noch der alte Familienanwalt ist, und dass der junge Besitzer des Landguts ein Mann ist, der Erfahrung zu schätzen weiß...

 

Hier seine Unterredung mit dem Verwalter:

"Sie glauben, meine Lady war nicht mehr ganz richtig im Kopf, weil sie bei den ganzen Sorgen und der Aufregung um ihre eigenen Angelegenheiten die Zeit gefunden hat, sich auch noch Gedanken um einen alten Kerl zu machen, der sechzig Jahre für sie gearbeitet hat. Wundert Sie das? Wie wenig Sie wissen! Es gibt imer noch Platz für ein bisschen Freundlichkeit in dieser Welt, und wenn Sie das nächste Mal über die Gefühle anderer Leute hinwegtrampeln, weil Sie so furchtbar in Eile sind und alles drunter und drüber geht, sollten Sie vielleicht einmal darüber nachdenken."

 

Pinnegar, der nie viel mit Menschen zu tun hatte, der immer im Garten war, zeigt, wie wichtig Würde, Freundlichkeit und Bindungen sind. Der Garten hat ihn gelehrt, geduldig zu sein, sich nicht von jedem Missgeschick entmutigen zu lassen.

Er kann mit Stolz auf seinen Garten und sein Leben zurückblicken, vieles hat er nicht gehabt (z.B. eine Ehefrau und Kinder), aber viel von dem, was er gegeben hat, hat er zurückbekommen.

 

Und, ganz wichtig: er hat ein Verhältnis zur Zeit, das den Begriff "Entschleunigung" nicht kennt und nicht braucht. Das überträgt sich auf den Leser.

 

 

 

 

 

Reginald Arkell: Pinnegars Garten

aus dem Englischen von Elsemarie Maletzke

Unionsverlag, 2010, 224 Seiten

Unionsverlag, 2014, 219 Seiten

(Englische Originalausgabe 1950)